Kissing Spines – The Worst Case oder doch Licht im „Dschungel“?

Heute wurde mir die Frage gestellt, ob ich bei einem Pferd mit Kissing Spines therapeutisch den Rücken drei Zentimeter „hochholen“ kann, so dass der Brustkorb oben bleibt. 

Da mir in meiner täglichen Pferdepraxis in letzter Zeit immer wieder gehäuft von verunsicherten und verzweifelten Pferdebesitzern zu diesem Thema Fragen gestellt werden, habe ich mich für diesen Blogeintrag entschieden. 

Kissing Spines ist eine orthopädische Erkrankung der Pferdewirbelsäule, bei der sich in bestimmten Bereichen die Dornfortsätze berühren. Diagnostisch lässt sich dies anhand eines Röntgenbildes sehr gut darstellen. Ein Röntgenbild ist zwingend notwendig, um die Schwere und somit auch die weitere Belastbarkeit und Therapiemöglichkeiten zu beurteilen. 

Man unterscheidet hierbei drei Grade: 

Grad 1 die Dornfortsätze stehen eng

Grad 2 die Dornfortsätze berühren sich

Grad 3 die Dornfortsätze überlappen sich.

Sobald sich die Dornfortsätze berühren, reiben sie in der Bewegung mechanisch aneinander. Dies führt zu einer schmerzhaften Entzündung an dieser Stelle. Dies kann sich in anfänglichen Berührungsempfindlichkeiten beim Putzen, Gurtzwängen  und mangelnder Rückenmuskulatur (oftmals im Laufe der Zeit auch eine aufgewölbte Lendenpartie) äußern. Mit zunehmenden Schmerzen hält sich das Pferd im Rücken immer fester, zeigt Taktstörungen, Verwerfen des Genickes, steife Bewegungsabläufe und Unwilligkeiten, sich auf einer gebogenen Linie zu bewegen. 

Sobald die berührenden Knochenstrukturen miteinander verwachsen sind, reduzieren sich auch systematisch die Schmerzen. Allerdings ist dieser Bereich auch nicht mehr zueinander beweglich. Je mehr Bereiche der Wirbelsäule betroffen sind, umso mehr ist das Pferd im Rücken versteift. Die gute Nachricht: Bei einer geringen Anzahl Kissing Spines kann das Pferd durchaus wieder bedingt reitbar werden und auch innerhalb des schmerzhaften Prozesses kann man mit einer fachgerechten Therapie wertvolle Unterstützung leisten.

In meiner Rehabilitationspraxis begleite ich die Pferde mit einer umfassenden konservativen Schmerztherapie, ergänzend zu den tierärztlichen schulmedizinischen Maßnahmen. Je nach Grad und Schwere der Erkrankung setzt sich diese mit Techniken aus der Akupunktur, der Osteopathie, diverser physikalischen Verfahren, wie die Laser- oder Magnetfeldtherapie und des Kinesiotapings zusammen. Die Behandlungen erfolgen in anfänglichen kurzen Intervallen, die langsam vergrößert werden. Innerhalb dieser Zeit wird der Pferdebesitzer dazu angeleitet, Rehaübungen auch selbst anzuwenden. Im weiteren Verlauf erfolgt ein adäquater Muskelaufbau unter fachgerechtem Rehatraining. 

Kleine Randnotizen:

-auch bei Wildpferden konnten Kissing Spines schon festgestellt werden

-unpassende Sättel führen zu einem nicht korrekt arbeitenden Rückenmuskel und können sekundär auch Kissing Spines verursachen

-Verletzungen der Gliedmaßen und Organerkrankungen können durch Fehlhaltungen (Wegdrücken des Rückenmuskels, Atrophien, etc.) Kissing Spines begünstigen

Um auf die Frage zu Beginn einzugehen: 

Die Therapie eines Kissing Spines Pferdes ist eine intensive Zusammenarbeit über mehrere Wochen. Grundvoraussetzung ist der röntgenologischer Befund und der Willen des Pferdebesitzers, aktiv mit mir gemeinsam den Rehaweg zu gehen. Zum Wohle eines glücklichen und zufriedenen Pferdes!

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